Keine Haftung für unrichtige Steuerausweise in übernommenen Mietverträgen
Mit Urteil vom 05.12.2024 – VR 16/22 hat der BFH entschieden, dass der Erwerber eines Grundstücks nicht für unrichtige Steuerausweise in übernommenen Mietverträgen haftet.
Im Urteilssachverhalt hat die Klägerin im Rahmen eines Zwangsversteigerungsverfahrens durch Zuschlagsbeschluss eines Amtsgerichts ein mit einem mehrstöckigen Bürogebäude bebautes Grundstück erstanden. Die Gebäudeflächen waren größtenteils vermietet. Der Voreigentümer hatte u.a. am 23.03.2007 einen Mietvertrag mit den Fachkliniken H zum Betrieb einer Tagesklinik, am 07.06.2012 einen Mietvertrag mit A zum Betrieb einer Physiotherapiepraxis sowie einen Mietvertrag mit einer Wohnungsbaugesellschaft abgeschlossen. In diesen Mietverträgen waren jeweils die monatlichen Nettokaltmieten, die sonstigen Kostenvorschüsse und die auf diese Beträge entfallende Umsatzsteuer mit dem Zusatz „+ 19% Mehrwertsteuer“ benannt.
Die genannten Mietverträge waren unzweifelhaft – und entgegen der mietvertraglichen Regelung – von der Umsatzsteuer befreit. Demzufolge behandelte die Klägerin die Umsätze aus der Vermietung der Räume an die Fachklinik, an A und an die Wohnungsbaugesellschaft als umsatzsteuerfrei.
Auffassung des Finanzamts zur Umsatzsteuerpflicht
Im Anschluss an eine Betriebsprüfung vertrat das Finanzamt die Auffassung, dass die Klägerin die in den Mietverträgen offen ausgewiesene Umsatzsteuer nach § 14c Abs. 1 UStG schulde und setzte die Umsatzsteuer für das Streitjahr entsprechend fest. Zur Begründung führte das Finanzamt aus, die Klägerin habe – zwischen den Beteiligten unstreitig – umsatzsteuerfreie Vermietungsleistungen erbracht, für die ein Verzicht auf die Umsatzsteuerbefreiung nach § 9 Abs. 2 Satz 1 UStG ausgeschlossen sei. Die Mietverträge seien als Rechnungen i.S. des § 14c UStG anzusehen. Diese Rechnungen müsse sich die Klägerin zurechnen lassen, da sie gemäß § 566 Abs. 1, § 578 Abs. 1 und 2 BGB in die sich aus den bereits bestehenden Mietverträgen ergebenden Rechte und Pflichten eingetreten sei.
BFH: Keine Zurechnung der Steuerausweise
Der BFH lehnt diese Zurechnung mit Urteil vom 05.12.2024 – VR 16/22 zu Recht ab. Die Inanspruchnahme des Grundstückserwerbers nach § 14c Abs. 1 Satz 1 UStG setze voraus, dass der Grundstückserwerber als Aussteller an der Erstellung mitgewirkt habe oder dass ihm die Ausstellung anderweitig nach den für Rechtsgeschäfte geltenden Regelungen, zu denen auch das Recht der Stellvertretung gehört, zuzurechnen sei. Nach zutreffender Rechtsauffassung des BFH kann ein vom Voreigentümer veranlasster unrichtiger Steuerausweis i.S. des § 14c Abs. 1 Satz 1 UStG dem Grundstückserwerber oder Ersteher nicht nach § 566 Abs. 1 BGB zugerechnet werden. Dies ergebe sich u.a. daraus, dass § 566 Abs. 1 BGB als Ausnahmevorschrift eng auszulegen und nur anzuwenden sei, soweit der mit ihr bezweckte Mieterschutz dies erfordert. Eine Zurechnung folge auch nicht aus der Vorschrift des § 1 Abs. 1a UStG (Geschäftsveräußerung im Ganzen).