Nachhaltigkeitsberichterstattung in der Freien Wohlfahrtspflege
Das Thema Nachhaltigkeit gewinnt auch für Organisationen der Freien Wohlfahrtspflege immer mehr an Bedeutung. Die Übernahme von Verantwortung für Mensch, Gesellschaft und Natur ist Teil des Grundverständnisses dieser Organisationen. Nun fordert auch die CSR-Richtlinie der EU zum Handeln auf. Der Deutsche Nachhaltigkeitskodex ermöglicht den gemeinnützigen Organisationen den Einstieg in die standardisierte Berichterstattung. Teil 1 unserer zweiteiligen Serie.
Mit der seit Dezember 2022 gültigen Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD) werden die drei Begriffe Soziales, Ökologie und Ökonomie zu den Säulen einer nachhaltigen Unternehmensführung und -berichterstattung. Gängige Standards zur Unternehmensberichterstattung für gewerbliche Unternehmen wurden in der Vergangenheit erarbeitet. Aufgrund der Gemeinnützigkeit lassen sich diese Standards allerdings nicht einfach auf Organisationen der Freien Wohlfahrtspflege übertragen. Unternehmen der Erwerbswirtschaft stehen fast ausschließlich in einer direkten Austauschbeziehung mit Kunden und Investoren. In der Freien Wohlfahrtspflege kommen zur Beziehung mit den Klienten noch die Beziehungen zu Leistungsträgern, Kommunen, Zuschussgebern, Ministerien sowie Kirchen und anderen Glaubensgemeinschaften dazu. Weiterhin bestehen auch Beziehungen zu den Angehörigen der Klienten, zu Förderern und Spendern und zu weiteren Kooperationspartnern.
Die beiden Säulen Soziales und Ökonomie sind von jeher im Blick der Organisationen der Freien Wohlfahrtspflege. Die Ergänzung um die Säule der Ökologie stellt eine notwendige Erweiterung dar. Denn Umweltfragen sind in vielen Fällen eng mit sozialen Fragestellungen verknüpft und damit wesentlich für die Erreichung der (nachhaltigen) Unternehmensziele. Als Beispiel seien hier die Auswirkungen der steigenden Energie- und Lebensmittelpreise auf armutsgefährdete Menschen genannt. Hier bieten sich für Organisationen der freien Wohlfahrtspflege Chancen, als gemeinnützige Akteure beispielhaft und öffentlichkeitswirksam für eine nachhaltige Lebensweise zu sensibilisieren.
In Zeiten eines anhaltenden Personalmangels bietet sich zudem die Chance, Mitarbeitende an die Organisationen zu binden. Eine glaubhafte Nachhaltigkeitsstrategie stärkt die Wahrnehmung als attraktiver Arbeitgeber. Außerdem haben Organisationen die Möglichkeit, die Nachhaltigkeitsberichterstattung aktiv bei Verhandlungen mit Leistungsträgern, Zuschussgebern usw. einzusetzen, um Verbesserungen unter ökologischen Gesichtspunkten zu erreichen. Auf Seiten der Refinanzierung von Investitionen über externe Kapitalgeber wird eine dokumentierte nachhaltige Unternehmensentwicklung zunehmend durch Vergünstigungen honoriert.
Organisationen der Freien Wohlfahrtspflege müssen darauf entsprechend vorbereitet sein. Wir wollen Ihnen daher in diesem und in einem Folgeartikel einen Einblick in die Besonderheiten der Nachhaltigkeitsberichterstattung für die Freie Wohlfahrtspflege anhand des Branchenleitfadens des Deutschen Nachhaltigkeitskodex (DNK) geben.
Die Kriterien des DNK lassen sich in vier Bereiche einteilen:
- Strategie (Kriterien 1-4)
- Prozessmanagement (Kriterien 5-10)
- Umwelt (Kriterien 11-13)
- Gesellschaft (Kriterien 14-20)
In diesem Artikel stellen wir Ihnen die ersten beiden Bereiche vor.
Strategie
Bei Organisationen der Freien Wohlfahrtspflege steht originär das Wohl des Menschen im Mittelpunkt. Somit sind bereits einige Aspekte der Nachhaltigkeit Bestandteil des Auftrags. Außerdem engagieren sich viele Organisationen längst für Themen der Nachhaltigkeit. Dazu zählen die Einrichtung von Umwelt- und Qualitätsmanagementsystemen oder Maßnahmen zur fachlichen und persönlichen Entwicklung der Mitarbeitenden. Oftmals stehen diese Aktivitäten unverbunden nebeneinander. Eine explizite Nachhaltigkeitsstrategie bedeutet aber, dass Nachhaltigkeitsziele in die Gesamtstrategie der Organisation eingebunden sind. Eine Nachhaltigkeitsstrategie beschreibt also den mittel- und langfristigen Plan der Organisation für den Umgang mit relevanten Nachhaltigkeitsthemen, die Festlegung von quantitativen und qualitativen Zielen und wie der Erreichungsgrad dieser kontrolliert wird.
Die Organisation soll neben Gedanken zur Liquiditäts- und Kapitalanlage die gesamte Wertschöpfungskette einbeziehen. Je nach Art der Organisation kann die Wertschöpfungskette unterschiedlich lang sein. Insbesondere die Beschaffung von Verbrauchsartikeln und Lebensmitteln sowie der Umgang und die Entlohnung der Mitarbeitenden dürften in der Freien Wohlfahrtspflege von Bedeutung sein.
Prozessmanagement
In den Kriterien des Bereichs Prozessmanagement wird beschrieben, wie die Organisationen die Themen zur Nachhaltigkeit effizient und systematisch managen. Im Zentrum stehen die Fragen, wer in der Organisationsführung für Nachhaltigkeit verantwortlich ist, welche Regeln und Prozesse implementiert wurden und welche Indikatoren zur Planung und Kontrolle eingesetzt werden.
Offengelegt werden muss auch, welche Anreizsysteme für Mitarbeitende bestehen, um diese für die Erreichung der Nachhaltigkeitsziele zu motivieren, und welche Prozesse dazu beitragen, dass durch Innovationen bei Produkten und Dienstleistungen die Nachhaltigkeit der Organisation verbessert wird. Es gilt zudem, Anspruchsgruppen der Organisation zu identifizieren und darzulegen, wie diese in den Nachhaltigkeitsprozess integriert werden. Bei Organisationen der Freien Wohlfahrtspflege kommen zu den Klienten bspw. noch Leistungsträger, Kommunen, Zuschussgeber, Ministerien sowie Kirchen und andere Glaubensgemeinschaften hinzu. Weiterhin können auch Angehörige der Klienten, die Förderer und Spender zu den Kooperationspartnern zählen.
Im Folgeartikel stellen wir die Kriterien Umwelt und Gesellschaft vor. Der Branchenleitfaden ist hier auf der Website „Deutscher Nachhaltigkeitskodex“ abrufbar.