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Insolvenzverfahren bei Einzelhandels- und Gewerbemietern

Ein abgekartetes Spiel?
Insolvenzverfahren bei Einzelhandels- und Gewerbemietern
Aktuelles
03.12.2024

Insolvenzverfahren bei Einzelhandels- und Gewerbemietern

Ein abgekartetes Spiel?

Jedes Jahr gibt es hunderte von Insolvenzverfahren bei Einzelhandels- und Gastronomiemietern. Ein prominentes Beispiel hierfür ist Galeria Karstadt Kaufhof mit drei Verfahren innerhalb weniger Jahre. Ein Insolvenzverfahren ermöglicht es, für drei Monate die Personalkosten und Mieten einzusparen. Zudem kann im Rahmen eines solchen Verfahrens das Filialnetz kostengünstig ausgedünnt und der verbleibende Rest entweder verkauft oder nach Abschluss eines Sanierungsplans selbst weitergeführt werden.

Der (vorläufige) Gläubigerausschuss ist dabei häufig mit „Family & Friends“ besetzt, und die Quote liegt regelmäßig nur bei 4-5 Prozent, da alles, was nach Abzug der Sicherheiten übrigbleibt, für die Verfahrenskosten aufgebraucht wird. Die Auszahlung dieser geringen Quote erfolgt erst nach etwa zwei bis fünf Jahren. Vermieter sind in solchen Verfahren durch die Insolvenzordnung in eine passive Rolle gedrängt und können meist nur zusehen. Für sie fühlt sich das Verfahren daher oft wie ein „abgekartetes Spiel“ an.

Rückständige Mieten und das Sonderkündigungsrecht des Mieters

Nach den geltenden Regeln ist es so, dass die rückständigen Mieten vor Antragsstellung als einfache Insolvenzforderungen gelten. Dasselbe trifft im Regelfall auch für die laufenden Mieten während des etwa dreimonatigen Eröffnungsverfahrens zu. Ab dem Eröffnungsbeschluss besteht für den Mieter ein Sonderkündigungsrecht mit einer Frist von drei Monaten zum Monatsende. Während dieser drei Monate fließen die Mieten in der Regel und gehören zu den privilegierten Masseforderungen. Falls jedoch der Insolvenzverwalter die Massearmut erklärt, wird selbst auf diese Beträge nur eine Quote gezahlt.

Der bis zum Insolvenzantrag aufgelaufene Zahlungsverzug des Mieters darf bei der Beurteilung der Kündigungsmöglichkeit des Vermieters nicht berücksichtigt werden (§ 112 InsO). Ab dem Eröffnungsbeschluss hat der Verwalter oder – im Fall der Eigenverwaltung – die Geschäftsführung das Recht, das Mietverhältnis außerordentlich mit einer Frist von drei Monaten zum Monatsende zu kündigen. Deshalb werden Insolvenzverfahren bei Einzelhandels- und Gastronomieketten häufig kurz vor Monatsultimo beantragt. Nach genau drei Monaten – wenn das Insolvenzausfallgeld ausgeschöpft ist – ergeht der Eröffnungsbeschluss per Monatsultimo. Das Datum wird zwischen Insolvenzgericht und Verwalter beziehungsweise Geschäftsführung abgestimmt. Die Kündigungen gemäß § 109 InsO werden bereits vorbereitet und gehen zeitgleich mit dem Beschluss heraus, um keinen Monat zu verschenken.

Typischerweise tritt der Sanierungsberater im sogenannten Eröffnungsverfahren an den Vermieter heran und fordert Zugeständnisse, um eine Sonderkündigung abzuwenden. Die Verhandlungen werden dabei äußerst druckvoll geführt, da die Entscheidung, welche Standorte aufgegeben und welche fortgesetzt werden, wesentlicher Bestandteil des Sanierungsplans ist und unter hohem Zeitdruck steht.

Vermieter-Checkliste: Wie Sie Fehler vermeiden und das Beste herausholen

  • Sind die laufenden Mieten während des Eröffnungsverfahrens ausnahmsweise privilegiert?
  • Bei der Eigenverwaltung muss man sich beim Insolvenzgericht nach dem Wortlaut der Global- oder Einzelermächtigung gemäß § 270c Abs. 4 InsO erkundigen.
  • Regelmäßig handelt es sich um bloße Insolvenzforderungen.
  • Werden im Eröffnungsverfahren die laufenden Mieten gezahlt?
  • Soll bei Rückstand mit dem zweiten Monatsbetrag im Eröffnungsverfahren vermieterseitig gekündigt werden?
  • Ziehen der Mietbürgschaft.
  • Rückständige Mieten auf Nullwert berichtigen und Umsatzsteuer zurückholen, soweit es sich um Insolvenzforderungen handelt und der Betrag die Mietsicherheit übersteigt.
  • Soll gegenüber dem Mieter und dem vorläufigen Verwalter das Vermieterpfandrecht geltend gemacht und einer Entfernung aus den Mieträumen widersprochen werden?
  • NK-Zwischenabrechnung und Beweissicherung, um Massecharakter auch für anteilige NK oder zusätzliche Schäden zu erhalten?
  • Rechtzeitige Anmeldung der Forderungen zur Tabelle und KISS (keep it simple).
  • Kann eine Mieterdienstbarkeit geltend gemacht werden?
  • Auswirkungen auf Kapitaldienstdeckungszahlen (ICR) und Gespräch mit der eigenen Bank.

Die Experten unseres Branchencenters Real Estate stehen Ihnen bei allen Fragen gerne zur Verfügung.

Autor: Rechtsanwalt Dr. Philipp Jebens ist Experte für Immobilienwirtschaftsrecht und Steuerrecht, Partner von ETL mensching plus und Gründungspartner der Kanzlei Jebens Mensching.

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